Bündnis für Kultur in akuten Krisen und Notfallsituationen

Über die Notfallallianz Kultur

Diese Webseiten der Notfallallianz Kultur befinden sich im Aufbau und werden in der kommenden Zeit kontinuierlich erweitert.

Für Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an
kontakt@notfallallianz-kultur.de.

 

1. Ziele

Die Notfallallianz Kultur ist ein gesamtgesellschaftliches Bündnis für Kultur in Krisen und Notfällen. Organisatorisch und strukturell schlank angelegt, ist die Notfallallianz Kultur eine bundesweite Plattform für Institutionen und Organisationen, die in Krisen- und Notfallsituationen jeweils eigenständig und im Rahmen ihrer spezifischen Fähigkeiten und Möglichkeiten (bedingt z. B. durch Zuständigkeit, Mandat, Satzung) einen Beitrag zur Notfallhilfe im Bereich Kultur leisten und dies – ggf. zusätzlich zu der jeweils eigenständigen Kommunikation der entsprechenden Aktivitäten – alssichtbares Zeichen für gemeinsames und möglichst abgestimmtes Handeln auch gemeinsam als Notfallallianz Kultur kommunizieren. Ideelles Engagement ist dabei ebenso willkommen wie materielles. Im Vordergrund stehen dabei immer das gemeinsame Tun der Partner und die damit verbundene politische und gesellschaftliche Signalwirkung.

Der Mehrwert einer solchen Allianz besteht darin, dass im akuten Notfall die erforderlichen Hilfsmaßnahmen für Kultureinrichtungen und das kulturelle Erbe an ein bereits bestehendes, bundesweites Netzwerk aus kompetenten staatlichen, zivilgesellschaftlichen und ggf. privatwirtschaftlichen Partnern anknüpfen können, die ihrerseits entsprechend zügig prüfen, ob sie in der aktuellen Situation einen Beitrag zur Notfallhilfe leisten wollen und worin dieser Beitrag konkret besteht. Die Notfallallianz Kultur versteht sich damit als Ergänzung bzw. Erweiterung der rein staatlichen Gefahrenabwehr und Katastrophenhilfe. Bei allen Maßnahmen hat der Katastrophenschutz von Ländern und Kommunen Vorrang. Er wird durch die Notfallallianz Kultur unterstützt.

 

2. Aufgabenprofil

2.1. Plattform

Die Kernidee der Notfallallianz Kultur ist der Plattform-Gedanke. Die Partnereinrichtungen, ihre jeweiligen Aktivitäten im Notfall oder im Bereich der Prävention sowie gegebenenfalls gemeinsame Initiativen unter dem Dach der Notfallallianz Kultur werden über eine gemeinsame Internetseite kommuniziert (https://www.notfallallianz-kultur.de). Diese Internet-Plattform hat zunächst und in erster Linie die Aufgabe, die Nutzer*innen darüber zu informieren, welche Institutionen und Organisationen sich mit ihren jeweils spezifischen Beiträgen an der Notfallallianz Kultur beteiligen, und die Nutzer*innen an die entsprechenden, im Internet verfügbaren Informationen und Angebote der Partner weiterzuleiten.

Die Bandbreite der einzelnen Beiträge zur bundesweiten Plattform Notfallallianz Kultur ergibt sich dabei aus den jeweiligen Expertisen, Fähigkeiten und Möglichkeiten der verschiedenen Partner der Allianz und kann – je nach Zuständigkeit, Mandat, Satzung – ein großes Spektrum von Angeboten und Maßnahmen umfassen, z. B.

  • die finanzielle Förderung von Sicherungs-, Bergungs- oder Restaurierungsmaßnahmen,
  • die Bereitstellung von Bergungsorten, technischen Hilfsmitteln, personellen Ressourcen oder fachlicher Expertise in Absprache mit den Katastrophenschutzbehörden,
  • gezielte Ansprache oder Vernetzung von relevanten Akteuren,
  • Durchführung von Recherche- und Forschungsvorhaben im Bereich der Prävention,
  • Beratung in Versicherungsfragen oder bei Vergabevorschriften für den Wiederaufbau,
  • die Bereitstellung von Handlungsempfehlungen sowie von Informations- und Schulungsmaterial,
    strategische Kommunikation und / oder Maßnahmen der Bewusstseinsbildung.

 

Mögliche Anträge auf finanzielle Förderung oder andere Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen, die auf der Plattform jeweils gebündelt und separat sichtbar gemacht werden, sind grundsätzlich direkt bei den einzelnen Partnerinstitutionen der Allianz zu stellen, die autonom über entsprechende Anträge entscheiden.

 

2.2. Bündnis

Über die virtuelle Zusammenführung relevanter Akteure auf einer Internet-Plattform hinaus versteht sich die Notfallallianz Kultur auch als bundesweites Interessenbündnis dieser Akteure, die durch ihr gemeinsames Auftreten im Rahmen der Plattform sowie ihre jeweiligen Beiträge zur Notfallallianz Kultur das gemeinsame Anliegen einer Stärkung der Resilienz, der Notfallvorsorge und Notfallhilfe im Bereich Kultur gesamtgesellschaftlich sichtbar machen und ihm dadurch auch politisches Gewicht verleihen.

Die Notfallallianz Kultur schafft den Rahmen und die Voraussetzungen dafür, dass die staatlichen, zivilgesellschaftlichen und ggf. privatwirtschaftlichen Akteure, die der Allianz angehören, z. B. durch die Bildung eines Förderkonsortiums oder einer Task Force, auch gemeinsame Beiträge zur Prävention und Notfallhilfe im Bereich Kultur leisten können. Dadurch sollen Maßnahmen ermöglicht werden, die einzelne Akteure allein nicht umsetzen können, oder die Wirksamkeit von Maßnahmen erhöht werden. Ziel ist, die Rehabilitation von kulturellem Erbe in Deutschland nach Krisen- und Notfallsituationen nachhaltig zu erleichtern und die Themen Prävention und Risikomanagement stärker im kulturpolitischen Diskurs zu verankern.

Durch das gemeinsame, öffentliche Eintreten für diese Themen unterstreicht das Bündnis Notfallallianz Kultur die politische und gesellschaftliche Bedeutung der Klimaresilienz und Notfallvorsorge im Bereich Kultur und ist im Notfall ein wichtiges Signal der Hoffnung für die betroffenen Menschen und Einrichtungen.

 

2.3. Denkraum

Als Zusammenschluss kompetenter Partner aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft, die ein gemeinsames Anliegen verbindet, kann die Notfallallianz Kultur auch als Denkraum und Inkubator für übergreifende strategisch-konzeptionelle Aufgaben genutzt werden. Angesichts der Vielfalt der relevanten Akteure sowie unterschiedlicher Zuständigkeiten, Kompetenzen und Kapazitäten auf den Ebenen des Bundes, der Länder und der Kommunen im Bereich der Notfallvorsorge ist die Schaffung einer solchen strategischen und konzeptionellen Grundlage für zukünftiges, stärker abgestimmtes Handeln unverzichtbar.

Ziele solcher strategisch-konzeptionellen Aufgaben könnten sein:

  • die Akteure (Bund, Länder, Kommunen, Verbände, Experten, ggf. Unternehmen) strukturiert und langfristig zu vernetzen,
  • Konzepte und Modelle für die stärkere Verzahnung von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren im Notfall zu entwerfen und erproben,
  • Zuständigkeits- und Entscheidungskaskaden bei der Koordinierung und Steuerung von Maßnahmen der Notfallhilfe zu beschreiben,
  • Methoden zur Erarbeitung von Handlungsprioritäten sowie Handlungskonzepte zu entwickeln (z. B. für das Risikomanagement),
  • die Entwicklung von Qualitätsstandards in diesem Bereich zu unterstützen,
  • Doppelarbeiten und -zuständigkeiten zu vermeiden,
  • durch eine gemeinsame Kommunikationsstrategie das Thema Notfallvorsorge und Klimaresilienz für Kultureinrichtungen und kulturelles Erbe in der Öffentlichkeit und der Politik präsenter zu machen.

Obwohl zahlreiche Institutionen und Organisationen strategisch-konzeptionelle Arbeit auf dem Gebiet der Notfallvorsorge für Kultureinrichtungen und kulturelles Erbe leisten, fehlt es bislang an einem Ort, an dem die entsprechenden Strategien, Konzepte und Handlungsleitfäden gesammelt, strukturiert und bedarfsbezogen kommuniziert werden.

 

2.4. Akteur

Denkbar ist, dass die Notfallallianz Kultur im Notfall bei Bedarf unterstützend und koordinierend aktiv wird und den zuständigen Behörden, betroffenen Einrichtungen und Einsatzkräften vor Ort bei ihren Bemühungen um den Erhalt von Kulturgut zur Seite steht. Dies muss in enger Abstimmung mit den für den Katastrophenschutz zuständigen Stellen geschehen. Mögliche Aufgaben in diesem Zusammenhang könnten sein:

  • die Erstellung von Erstlagebildern und Erstbegutachtungen, insbesondere im Hinblick auf zu schützendes Kulturgut (z. B. zur Standsicherheit von Gebäuden),
  • Bedarfs- und Schadenserhebungen bei Kultureinrichtungen, Kulturdenkmälern und mobilem Kulturgut,
  • die Bildung von Task Forces insbesondere nicht-staatlicher Akteure,
  • die Unterstützung der Notfallverbünde und nicht-staatlichen Krisenstäbe,
  • auf Kulturgut bezogene Vor-Ort-Schulungen,
  • die Unterstützung bei der Koordinierung von Hilfsangeboten für betroffene Kultureinrichtungen und Kulturdenkmäler insbesondere aus der Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft.

Darüber hinaus ist es wünschenswert, dass die Notfallallianz Kultur auch im Bereich der Prävention tätig wird und dabei insbesondere die Förderung bzw. den Aufbau von Infrastrukturen in den Blick nimmt, die einen nachhaltigen Umgang mit Kulturgut und dessen dauerhaften Erhalt zum Ziel haben. Bestehende Bedarfe in diesem Bereich sind:

  • die Schaffung interkommunaler Zentraldepots,
  • die Definition von Ausweichflächen,
  • die bundesweite strategische Verteilung von Notfallcontainern,
  • Digitalisierung von Kulturgut,
  • Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen,
  • der Ausbau und die Unterstützung der entsprechenden Ausbildungsberufe sowie Studienfächer.

Entsprechende Maßnahmen müssten in enger Abstimmung insbesondere mit den für den Bereich Bevölkerungsschutz zuständigen Ministerien und Behörden auf Bundes- und Landesebene sowie den unteren Katastrophenschutzbehörden erfolgen.

 

3. Umsetzung

3.1. Partner

Die Notfallallianz Kultur richtet sich in erster Linie an Institutionen und Organisationen in Deutschland, die im Rahmen ihrer jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten einen Beitrag zur Notfallhilfe im Bereich Kultur im Krisen- oder Notfall leisten wollen und können. Dazu zählen in erster Linie Ministerien und Behörden, Institutionen der Kulturförderung wie etwa Stiftungen, zivilgesellschaftliche Organisationen wie Verbände, Initiativen oder Vereine, wissenschaftliche Einrichtungen sowie privatwirtschaftliche Unternehmen, die aufgrund ihrer Kompetenzen und Kapazitäten oder im Rahmen ihres sozialen oder philanthropischen Engagements einen Beitrag zur Notfallallianz Kultur leisten wollen. Der Anspruch des Bündnisses ist, dass von der wissenschaftlichen Fundierung von Resilienz- und Notfallhilfemaßnahmen bis hin zur Finanzierung, Planung, Koordinierung und Durchführung dieser Maßnahmen alle dafür relevanten Akteure in der Notfallallianz Kultur zusammenarbeiten.

Durch die angestrebte Vielfalt der Partner aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft sowie die Beteiligung von Institutionen, die eine finanzielle Förderung von Maßnahmen der Notfallhilfe leisten können, tritt die Notfallallianz Kultur komplementär, vernetzend und unterstützend neben die Akteure, die auf diesem Gebiet in Deutschland bereits aktiv sind.

 

 

3.2. Nächste Schritte

Die Internetpräsenz der Notfallallianz Kultur (https://www.notfallallianz-kultur.de/) soll schrittweise zur Online-Plattform ausgebaut werden. Parallel dazu sollen gezielt weitere Partner gewonnen werden, die einen Beitrag zur Notfallallianz Kultur leisten könnten. Bei nächsten Arbeitstreffen der Initiative sollen außerdem inhaltliche Prioritäten für die Arbeit der Notfallallianz Kultur in den kommenden Monaten festgelegt sowie Arbeitsgruppen etabliert werden, die sich mit den priorisierten Themen vertieft beschäftigen und Handlungsempfehlungen für den weiteren Aufbau der Notfallallianz Kultur erarbeiten.

Die Internetpräsenz der Notfallallianz Kultur wird bis auf weiteres von der Kulturstiftung der Länder verwaltet und gepflegt. Zu erörtern ist, welche strukturellen und personellen Voraussetzungen darüber hinaus notwendig sind, um die Notfallallianz Kultur aufzubauen, und wie ggf. die Mittel dafür aufgebracht werden können.

 

4. Notfallallianz Kultur: Hintergrund

Die Idee zur Gründung der Notfallallianz Kultur geht auf die Hochwasserkatastrophen in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Juli 2021 zurück. Diese Katastrophen haben, wie schon frühere Hochwasser u.a. an Oder, Elbe und Donau, auf erschreckende und leidvolle Weise einen grundlegenden Sachverhalt verdeutlicht: Das bewegliche und unbewegliche Kulturgut einer Gesellschaft ist grundsätzlich denselben Gefahren ausgesetzt, die auch andere gesellschaftliche Bereiche existentiell bedrohen. Gleichzeitig müssen die Maßnahmen, die mit Blick auf Kulturgut der Risiko- und Katastrophenvorsorge, dem Krisenmanagement und der Katastrophenbewältigung sowie der Rehabilitation und Wiederherstellung dienen, den besonderen Anforderungen Rechnung tragen, die durch die materiellen Eigenschaften, die konservatorischen Erfordernisse sowie den hohen gesellschaftlichen Stellenwert von Kulturgut vorgegeben sind.

Jenseits der natürlichen (geologisch, hydrometeorologisch, biologisch) Gefahren für unbewegliches und bewegliches Kulturgut sind es vom Menschen verursachte Ereignisse und Situationen, die Kulturgut bedrohen. Zusätzlich zu bewaffneten Konflikten zählen dazu vor allem Unfälle, Betriebsstörungen (Havarien) und menschliches Versagen, die katastrophale Auswirkungen aus unbewegliches und bewegliches Kulturgut haben können. Schließlich können innergesellschaftliche Polarisierung und Konflikte sowie die damit nicht selten einhergehenden Demonstrationen und Proteste Formen der Gewalt bedingen, die sich auch gegen unbewegliches und bewegliches Kulturgut richten. Dabei können Denkmale, historische Gebäude, öffentliche Institutionen oder kulturgutbewahrende Einrichtungen das Ziel entsprechender gewaltsamer Aktionen sein.

Es ist davon auszugehen, dass die Folgen des Klimawandels das Auftreten bereits bekannter Schadensereignisse an unbeweglichem und beweglichem Kulturerbe verstärken und beschleunigen. Neben der Häufung von Extremwetterereignissen (Starkregen, Starkwind, Hochwasser) führen der Anstieg der Durchschnittstemperaturen sowie anhaltende Trockenheit beispielsweise zu einer Erhöhung der Brandgefahr sowie vielfach zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels. Davon sind nicht nur historische Garten- und Parkanlagen betroffen, sondern auch historische Gebäude, deren Fundamente durch die Austrocknung des Bodens an Stabilität einbüßen und dadurch von Einsturz bedroht sein können. Die Erhöhung der Klimaresilienz des Kulturerbes ist daher eine der großen zukünftigen Herausforderungen, die nur durch einen transsektoralen Schulterschluss der relevanten Akteure zu bewältigen ist. Daher unterstützt die Notfallallianz Kultur das Engagement des Bundes, der Länder und der Kommunen, den Klimaschutz und die Klimaanpassung voranzubringen.